Tabu Menstruation und Periodenarmut

Wochenthema

BLOGBERICHTE

Lisa Wernz

6/28/20224 min read

Zum Weltmenstruationstag am 28. Juni haben sich FDG und Kandaka Naturals zusammengeschlossen um einen transkontinentalen Workshop zum Thema Tabu Menstruation und Periodenarmut durchzuführen. Diese Themen wurden auch schon im Monatsthema bei FDG behandelt.

Während des Monatsthemas haben wir uns mit folgenden Fragen auseinandergesetzt:

  1. Wie hat sich die Beziehung zu meiner Menstruation in den vergangenen Jahren entwickelt?

  2. Wann und wo empfinde ich Scham in Bezug auf die Menstruation? Warum empfinde ich Scham?

  3. Wie offen spreche ich über das Thema? Was/Wo fällt es mir schwer und warum?

  4. Welche Hürden haben menstruierende Personen im Alltag zu bewältigen?

  5. Was muss sich ändern? Was wünschen wir uns?

  6. Wie können menstruierende und nicht-menstruierende Personen sich gegenseitig unterstützen?

Mit verschiedenen Materialien und persönlichen Beiträgen wurde sich in der Gruppe ausgetauscht. Abschluss des Wochenthemas bildete dann der gemeinsame Workshop mit Kandaka Naturals Rwanda. Kandaka Naturals ist ein von Frauen gegründetes und geführtes Sozialunternehmen, das durch den Verkauf von Naturkosmetikprodukten das Thema Periodenarmut adressiert. Pro verkaufte Seife wird eine wiederverwendbare Stoffbinde hergestellt, die nach Teilnahme eines Workshops an Mädchen und Frauen verteilt wird, die von Periodenarmut betroffen sind.

Was genau Periodenarmut ist und wie unser Workshop abgelaufen ist, davon erzählt Euch Chris, Freiwillige bei Kandaka Naturals, in ihrem folgenden Text:)

Kandaka Naturals Rwanda feierte den diesjährigen Weltmenstruationstag am 28. Juni mit einem besonderen Workshop. Lisa, Mitglied bei Kandaka Naturals Germany und Gründerin des Kollektivs “Feministisches Dorfgeflüster” und ich, Chris, Freiwillige bei Kandaka Naturals Ruanda, organisierten einen Workshop zu den Themen Tabu Menstruation und Periodenarmut. Ziel war es nicht nur über diese Themen aufzuklären, sondern auch Raum für einen interkulturellen Austausch zwischen den ruandischen und deutschen Teilnehmer*innen zu schaffen. Das ruandische Team versammelte sich im Büro, während die FDG Mitglieder und weitere Teilnehmer*innen per Zoom zugeschaltet wurden. Insgesamt waren wir 18 Personen.

Im ersten Teil des Workshops tauschten die Teilnehmer*innen ihre ersten Gedanken zu einem Bild von einer mit Blut gefüllten Menstruationstasse aus. Die diversen Antworten zeigten, dass die Emotionen und Gedanken der Teilnehmenden hier sehr unterschiedlich sind.

Einige verbinden den Anblick von Menstruationsblut mit Ekel, während andere es als völlig normal empfinden. Für manche Teilnehmende lag der Schwerpunkt auf der Tasse selbst, da sie mit ihr nicht vertraut sind.

Diese Gedanken wurden in separaten Gruppenräumen diskutiert. Warum löst das Bild diese Emotionen aus? Warum ist es ein Tabu, über die Periode zu sprechen? Und warum fühlen wir uns unwohl, wenn wir Menstruationsblut sehen, obwohl die Periode ein völlig natürlicher Vorgang ist, den die Hälfte der Weltbevölkerung jeden Monat durchmacht? Wir stellten fest, dass das Verhältnis zur Menstruation hauptsächlich mit der Erziehung zusammenhängt. Wird vorgelebt, dass die Menstruation versteckt und nicht thematisiert werden sollte, wird das eher nicht zu einem lockeren Umgang mit der eigenen Periode führen. Die Art und Weise, wie dieses Thema in den Familien und in der Schule behandelt wird, prägt uns sehr.

Dem Thema Periodenarmut näherten wir uns in Kleingruppen, in denen sich die ruandische und die deutsche Gruppe mit zwei verschiedenen Videos beschäftigten.

Das Kandaka Naturals Rwanda Team schaute sich ein Video an, welches das Leben einer jungen Frau in Großbritannien zeigt, die sich keine Menstruationsprodukte leisten kann und mit einem Blutfleck zur Schule gehen muss. Dieses Video macht deutlich, dass es Periodenarmut auch in europäischen Ländern gibt. Es handelt sich um ein globales Phänomen und weltweit gibt es menstruierende Menschen, die darunter leiden.

Das andere Video behandelt die Situation in Kenia und verbindet die Themen Periodenarmut, Teenagerschwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten. Teilweise haben Frauen und Mädchen ungeschützten Sex mit Männern, um an Mentruationsprodukte zu gelangen, wenn sie sich keine leisten können. Weitere Folgen sind soziale Isolation und das Fehlen in der Schule oder bei der Arbeit. Dies führt dazu, dass sie weniger Zugang zu Bildung haben, was sich wiederum auf ihre Zukunft auswirkt. Dies zeigt, dass es sich beim Thema Periodenarmut nicht um ein isoliertes Problem handelt und seine weitreichenden Folgen nicht zu unterschätzen sind.

Periodenarmut ist ein sehr sensibles Thema und muss vor allem in Workshops sorgfältig behandelt werden. Einige der Teilnehmerinnen waren oder sind vielleicht immer noch in der Situation, sich keine Menstruationsprodukte leisten zu können, und die Beschäftigung mit diesem Thema kann Emotionen auslösen. Vor dem Anschauen solcher Videos sollte eine Trigger-Warnung ausgesprochen werden.

Wir tauschten die Ergebnisse der Breakout-Session im Plenum aus und sprachen über die allgemeine Situation der Periodenarmut in Ruanda und Deutschland. Was wurde bis jetzt in beiden Ländern getan? Und was muss passieren, um die Periodenarmut zu beenden? Wir kamen zu dem Schluss, dass die Senkung der Mehrwertsteuern, die in beiden Ländern vorgenommen wurde, nicht ausreicht, damit sich Menschen Menstruationsprodukte leisten können.

Jede*r Einzelne kann etwas verändern indem er oder sie Organisationen und Projekte unterstützt, die sich für ein Ende der Periodenarmut einsetzen. Außerdem ist die Enttabuisierung des Themas Menstruation ein wichtiger Schritt. Ein Problem kann nicht bewältigt werden, wenn niemand darüber spricht. Es ist ein gesellschaftlicher Wandel erforderlich, der damit beginnt, dass junge Menschen in den Schulen aufgeklärt werden und Eltern offen mit ihren Kindern über die Periode sprechen.

Workshop Material:

Periodenarmut in Kenia

Periodenarmut in Großbritannien