Care Arbeit

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Luisa Brauch

12/12/20224 min read

Materialempfehlungen aus der Dorfraylle:

  1. Comic von Emma - Du hättest doch bloß fragen müssen!

  2. Das bisschen Haushalt - Who cares?

  3. Lilapodcast - Unsichtbare Elfenarbeit aka Mental Load

  4. Dr. Oetker Werbefilm "Wenn mans eilig hat" mit Frau Renate 1954

Die Corona-Pandemie hat unser Leben in vielen Bereichen auf den Kopf gestellt und viele neue Herausforderungen mit sich gebracht. Gleichzeitig wurden uns gerade alte Probleme und Rollenbilder erneut deutlichst vor Augen geführt. So waren es vor allem die Frauen die in Zeiten des Lockdowns zurücksteckten und zuhause blieben. Laut der Tagesschau reduzierten 20 Prozent der Frauen ihre Arbeitszeit während der Pandemie um sich z.B. um die Kinder zu kümmern. Dies ist deutlich häufiger als die Männer das taten. Doch auch ohne die Pandemie sind es seit Jahrhunderten die Frauen die den größten Teil der Care-Arbeit übernehmen. „Care“ ist englisch und bedeutet soviel wie „kümmern“, „pflegen“ oder „versorgen“. Sobald sich also eine Person um eine andere Person kümmert, kann man im Grunde von Care-Arbeit sprechen. Dazu gehört z.B. die Arbeit eines Krankenpflegers oder einer Ärztin, aber auch ganz alltägliche Dinge wie dem Opa die Treppe runter helfen, die Kinder ins Bett bringen, die Wäsche waschen, kochen oder der Nachbarin mit dem gebrochenen Bein beim einkaufen zu unterstützen.

Care-Arbeit ist also ein riesiges Feld, welches theoretisch den größten Wirtschaftsbereich ausmachen würde, wäre Care-Arbeit vollständig bezahlt. Das Verrückte: Dies ist seltenst der Fall. Die meiste Sorgearbeit ist entweder schlecht oder gar nicht bezahlt und wird zum größten Teil von Frauen geleistet. Die Lohnlücke in diesem Sektor zwischen Männern und Frauen liegt in Deutschland bei 48 Prozent. Jeden Tag arbeiten Frauen (und Mädchen) weltweit zwölf Milliarden Stunden ohne Bezahlung. Doch warum ist das so? Und warum ist es wieder ein Bereich der vom weiblichen Geschlecht dominiert wird der (finanziell) so wenig Anerkennung erhält?
Nun das liegt unteranderem daran, dass es eben typische „Frauen-Arbeit“ ist. Erst seit 1977 (!) dürfen Frauen selbst entscheiden ob sie arbeiten gehen wollen oder nicht. Davor war dafür die Erlaubnis ihres Mannes notwendig, denn es war nicht nur die Aufgabe der Ehefrau sich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern, es war ihre rechtliche Pflicht. Dies wurde damit begründet, dass diese Aufgaben der natürlichen Veranlagung der Frau entsprechen würden. Somit war klar, dass diese Art der Arbeit unentlohnt war. Feministinnen in den 70er Jahren veröffentlichten deshalb damals schon einen Aufsatz mit dem sehr treffenden Titel: „Ihr nennt es Liebe, wir nennen es unbezahlte Arbeit“.

Bis heute wird unter dem Begriff Arbeit meist Lohnarbeit verstanden, also Arbeit die bezahlt wird. Darunter fällt Care-Arbeit bis heute häufig nicht, was eine weitere Erklärung für die mangelnde Wertschätzung pflegender Tätigkeiten ist: Es wird nach wie vor nicht als richtige Arbeit verstanden, sondern als Aufgabe die einfach nebenher erledigt werden soll. Die Tatsache, dass es wieder vor allem die Frauen waren die während der Pandemie ihre Karriere hinten anstellten, zeigt wie tief diese alten Rollenbilder noch in unserer Gesellschaft verankert sind. Doch nicht nur das, auch der generelle Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen spielt eine Rolle bei der Entscheidung wer mit dem ersten Kind zuhause bleibt. Denn auch ohne Corona sind junge Familien auf das Gehalt des mehrverdienenden Elternteils angewiesen, welches nach wie vor häufig das Gehalt des Mannes ist und weshalb die Mutter des Kindes eher zuhause bleibt. Eine Person geht arbeiten, die andere Person kümmert sich um die Kinder, klingt gerecht ist es aber nicht. Die erwerbstätige Person hat in der Regel eine 40-Stunden-Arbeitswoche. Die Person die sich um die Kinder kümmert hat eine Arbeitswoche von mindestens 98 Stunden (und dabei ist der Haushalt noch gar nicht mit einberechnet). Das Problem bei Care-Arbeit ist somit nicht nur die mangelnde Wertschätzung und die Ungleichheit der Geschlechter wer diese Aufgaben übernimmt, es wird auch häufig unterschätzt wie groß die mentale Belastung einer Person ist, die Sorgearbeit übernimmt. Denn sowohl das Erziehen von Kindern, das Pflegen der Eltern sowie die generelle Organisation des Haushaltes führt zu sehr viel Verantwortung, die auch schnell belastend werden kann. Diese Belastung bezeichnet man auch als „Mental Load“. Wenn du wissen möchtest wie fair die Care-Arbeit bzw. der Mental Load in deinem Haushalt aufgeteilt ist kannst du hier den Mental Load-Test machen.

Um auf all das aufmerksam zu machen gibt es jährlich den Equal Care Day. Und zwar am 29. Februar um symbolisch auf die mangelnde Sichtbarkeit dieses Themas in der Öffentlichkeit und in der Politik aufmerksam zu machen. Auch wir von FDG diskutierten und reflektierten über Care-Arbeit in unserem Umfeld. Wir fragten uns:

- Wie ist Care-Arbeit in meiner Familie / Beziehung aufgeteilt?
- Wie war bzw. ist die Care-Arbeit bei meinen Eltern aufgeteilt?
- Habe ich ein Problem mit der Aufteilung in meinem Haushalt? Ist es ein Streitthema?
- Hat sich die Aufteilung der Care-Arbeit verändert als wir Kinder bekommen haben?
- Verspüre ich selbst Mental Load?
- Inwiefern legt die Gesellschaft/ das Berufsleben Stolpersteine für Equal Care in den Weg?
- Welche Folgen kann die ungleiche Verteilung von Care Arbeit für mich haben?
- Was sind mögliche Auswege für unbezahlte Care-Arbeit?
- Wie könnte ich mir eine gerechtere Zukunft vorstellen?


Aus unserem Meeting nahmen wir unter anderem mit:
→ Kapitalismus profitiert von unbezahlten Arbeitskräften und dem klassischen Familiensystem.
→ Es gibt viele Zusammenhänge mit anderen Themen (Kapitalismus, Soziale Ungerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit,...).
→ Wir wollen den Mental Load in unserer eigenen Familie besser erkennen und reflektieren.
→ Folge von ungleicher Verteilung der Care-Arbeit ist begrenzte Zeit für Selbstverwirklichung wie z.B. politisches Engagement oder die eigene Karriere und sorgt für Stress.
→ Für die Zukunft wünschen wir uns mehr Aufklärung und Unterstützung auch aus der Politik.

Quellen:

Tagesschau - Viel "home" und wenig "office"

Deutschlandfunkkultur Care-Arbeit darf nicht länger ignoriert werden

Podcast Rolle Rückwärts Folge 1: Care-Arbeit – Was ist das eigentlich?

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