Blackfacing am Dreikönigstag

BLOGBERICHTE

Patricia Haibt und Anne Ryba

1/3/20224 min read

Feminismus muss intersektional gedacht werden. Intersektionalität beschreibt das Zusammenwirken mehrerer Unterdrückungsmechanismen. Eine Schwarze Frau kann z.B. Sexismus erfahren, ist aber auch von Rassismus betroffen. Kimberlé Crenshaw prägte den Begriff und zeigte, wie wichtig und notwendig es ist, intersektional zu denken und zu handeln. Deswegen muss Feminismus auch andere Diskriminierungsformen mitdenken.

Da wir bei FDG für intersektionalen Feminismus stehen und vor allem progressive¹ Themen auf dem Land verbreiten wollen, möchten wir gerne die Folgende Aktion teilen. Es geht um die Aktion "Blackfacing am Dreikönigstag“, (dreikoenigstag-blackfacing@web.de)bei der junge Menschen zusammen mit einer BIPoC² -Gruppe ein Statement zu Geschwärzter Haut am Dreikönigstag verfasst haben. Denn oft wird -vor allem in ländlichen Regionen- immer noch "Blackfacing" praktiziert. Da auch wir davon überzeugt sind, dass kolonialistische, rassistische Strukturen³ in allen Bereichen unserer Gesellschaft entlarvt und dekonstruiert (abgebaut) werden müssen, teilen wir das Statement gerne.

Liebe Lesende,

bedauerlicherweise mussten wir in den vergangenen Jahren -vor allem in ländlichen Regionen- feststellen, dass an dem Dreikönigstag Kinder mit schwarz geschminkten Gesichtern von Tür zu Tür ziehen. Seit dem achten Jahrhundert gibt es künstlerische Darstellungen, die einen Schwarzen König als Vertreter Afrikas zeigen. Wir denken es ist von höchster Notwendigkeit diesen Brauch zu überdenken, da die Hautfarbe von Menschen keine Auskunft darüber gibt, wo sie beheimatet sind. Schwarze Personen leben selbstverständlich in Deutschland. Ein Schwarzes Kind steht deswegen ebenso wenig für Afrika, wie ein weißes für Europa.

Wir möchten in diesem Schreiben eine andere Perspektive bieten und darauf aufmerksam machen, was “Blackfacing” ist, woher es kommt und weshalb es problematisch ist.

“Blackfacing” ist eine Form von Rassismus, bei der sich weiße Menschen das Gesicht schwärzen. Dieser Brauch ist im 19.Jahrhundert in Amerika entstanden. Weiße Menschen stellten auf Theaterbühnen Schwarze Menschen dar, indem sie sich das Gesicht schwarz anmalten und sich die Lippen überschminkten. Die verkörperte Schwarze Figur wurde oft lächerlich und dumm, aber glücklich dargestellt. Dieses Bild entspricht jedoch nicht der Realität und bedient rassistische Stereotype. Schwarze Menschen wurden bis ins19. Jahrhundert versklavt und seitdem unterdrückt, weswegen “Blackfacing” ein Symbol der Unterdrückung der Schwarzen Bevölkerung ist.

Wenn “Blackfacing” heute noch praktiziert wird, werden auch automatisch Stereotype über Schwarze Menschen reproduziert. Vielleicht denken Sie jetzt: „Das ist doch nicht so gemeint.“, oder „Das war eben schon immer so, wieso sollten wir das jetzt ändern?“. In ihrem Buch „Exit Racism“ bezieht sich die Autorin Tupoka Ogette zu derartigen Aussagen wie folgt: „Gut gemeint muss nicht gut gemacht sein. Die Wirkung einer Aussage oder einer Handlung ist ausschlaggebend dafür, ob etwas rassistisch ist oder nicht. Wenn ich dir mit meinem Auto über den Fuß rolle und diesen dann verletze, verändert sich der Grad deiner Fußverletzung dann dadurch, ob ich es bewusst oder unbewusst gemacht habe? Sicherlich nicht.“ Solche Äußerungen ändern also die Wirkung, aber nicht den Schmerz, den eine Handlung bei betroffenen Personen auslösen kann. Aus diesem Grund stehen weiße Menschen nicht in der Macht, entscheiden zu dürfen, wann sich Schwarze Menschen verletzt fühlen und wo Rassismus anfängt.

Außerdem war es nie notwendig das Gesicht einer sternsingenden Person schwarz zu färben, sondern eine Gewohnheit, die es nicht braucht, um die gewollte Botschaft zu übermitteln. Es ist also an der Zeit, diese kolonialistischen, rassistischen Strukturen, die so fest in unserer Gesellschaft verankert sind, zu entlarven und zu hinterfragen.

Gerade für kirchliche Institutionen, die in der Pflicht stehen, die christlichen Werte der Nächstenliebe und der Solidarität zu vertreten, ist es unumgänglich diese zutiefst verletzende, rassistische Tradition endlich abzulegen!

Wir möchten diese Institutionen also dringlichst darum bitten, das “Blackfacing” bei zukünftigen Dreikönigstagen zu unterlassen, in dem sie die Teilnehmenden darüber informieren und sich so gegen Rassismus positionieren. Die Heilige Drei Könige sollten schließlich für Vielfalt stehen. Dieser Gedanke ist wunderbar, doch wäre es nicht viel schöner, wenn die Kinder als Sternsingende so gehen, wie sie sind - vielfältig, einzigartig und bunt?

Falls Sie sich bewusst sind, dass “Blackfacing” rassistischen Ursprungs ist und deshalb auch schon die letzten Jahre davon abgesehen haben, danken wir Ihnen hierfür.

Begriffserklärung:

¹ Progressiv = fortschrittlich

² BIPoC = Abkürzung für Black, Indigenous, People of Colour und bedeutet auf Deutsch Schwarz, Indigen und „People of Colour“ (wird nicht übersetzt). Der Begriff BIPoC baut auf dem Begriff People of Colour auf und erkennt an, dass nicht alle People of Colour die gleichen Erfahrungen machen oder mit den gleichen Arten von Ungerechtigkeiten umgehen. All diese Begriffe sind politische und bestärkende Selbstbezeichnungen und sind aus Widerstandskämpfen entstanden.

³ Kolonialistische Strukturen = Auch nach dem offiziellen Ende der Kolonialzeit reproduzieren sich die im Kolonialismus entstandenen Machtverhältnisse und sorgen für verschiedenen Formen und Verknüpfungen der Unterdrückung. Der Globale Norden ist früher wie heute in der Rolle des Unterdrückenden. Der Globale Süden wird wiederum unterdrückt.

Materialempfehlungen:

  1. Wo beginnt Rassismus

  2. Was ist eigentlich Rassismus

  3. EXIT RACISM - von Tuboka Ogette (als Buch und Hörbuch)

  4. Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber sollten - von Alice Hasters (als Buch und Hörbuch)

Quellen:

BDKJ Diözesanverband Köln: Sternsinger*innen stehen für Vielfalt, ohne schwarzgeschminkte Kinder

Rampe, Henrik: Heilige Drei Könige: Über Blackfacing als Sternsinger. 2021

Migrationsrat Berlin e.V: BIPoC

Eddo-Lodge, Reni: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe sprechen. Tropen 2019

Hasters,Alice: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten. hanserblau 2019

Ogette, Tupoka: exit Racism. rassismuskritisch denken lernen: Unrast-Verlag 2017, 9. Auflage

Sow, Noah: Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus. BoD – Books onDemand 2018, 1. Edition

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